Donnerstag, April 16, 2009

Der Ruhm vergangener Tage

Heute jährt es sich zum 32. Male, dieses Spiel, was im Saarland vermutlicher jeder gesehen haben will und nicht jeder gesehen hat. Für viele jüngere FCS-Fans, noch in der Frühphase der Sensibilisierung als waschechter Blau-Schwarzer, war der 16. April 1977 vermutlich die erste oder zweite Anekdote, das sie aus dem Munde älterer FC-Anhänger hören durften. Der Triumph über die Bayern blieb so kurzlebig wie andere Titel, Mannschaften und Trainer, sodass wir heute nur noch die Anekdoten, das Stadion, die Farben und den Namen, also die Tradition haben.

Der Name "1. FC Saarbrücken" steht vor allem in Saarbrücken selbst für den 6:1-Sieg über Bayern München. Legt man die blau-schwarze Brille ab und schaut über den Tellerrand hinaus, wird man feststellen, dass die Meinungen über den Verein immer weiter auseinandergehen. Verlieren einige Anhänger anderer Vereine sicherlich noch das ein oder andere nette Wort über den ehemaligen Bundesligisten und wünschen sich ihn im Zwiegespräch mit Saarbrücker Fans anstandshalber "zumindest in die Zweite Liga" zurück, so ergeht sich die Mehrzahl nicht nur in den längst üblichen Beschimpfungen ("Die Fans sind nur Assis! Die Spieler waren früher nur Säufer und Abzocker!"), sondern auch in Genugtuung ("Ich gönne denen die Oberliga so richtig!"). Eigentlich kann einem dieses Gespräch auch am Allerwertesten vorbeigehen, wären da nicht wirklich diese drei Abstiege gewesen, die den FCS sprichwörtlich ans Ende der Welt verschlagen haben. Da rang mir schon der Kommentar eines Ludwigspark.de-Nutzers gehörigen Respekt ab, als dieser ankündigte, einen Aufstieg von der fünften in die vierte Liga keinesfalls so zu feiern wie den Aufstieg im Jahre 2004. Was heute schon zu den Anekdoten gehört, ist dabei gerade einmal fünf Spielzeiten her.

Als Betreiber des wohl derzeit umfangreichsten Weblogs über eben jeden Verein musste ich mir da schon einiges anhören. Die Kritik, die auch für diesen Beitrag hier wichtig ist, mit der ich mich wohl am längsten beschäftigt habe, war der nicht wirklich bösgemeinte Vorwurf aus Siegen, es würde sehr oft ein "Wir waren aber mal in der Bundesliga" durchscheinen. Jetzt kann man mir ja vorhalten, dass ich in diesem Beitrag bewusst wieder einmal auf die Bundesligazeiten des FCS anspiele, dass in jedem dritten Beitrag der Wunsch, wieder bessere Zeiten zu erleben, mehr oder weniger öffentlich geäußert wird und dass sehr oft auf jenen Ruhm vergangener Tage Bezug genommen wird.

Allerdings gelange ich bei diesen Gedanken immer wieder an die Frage, was ich denn nun wirklich erlebt habe als FCS-Fan. Mein erstes Spiel im Stadion verfolgte ich auf der Gegentribüne im März 2003 (1:1 gegen Schweinfurt, Sabanov sah in der letzten Minute Rot und Örtülü rettete per Elfer einen Punkt). Insgesamt durfte ich 44 Zweitligaspiele zwischen 2004 und 2006 vor Ort erleben, die meisten Spiele, die ich regelmäßig seit 2006 hier auf dieser Seite kommentiere lagen darunter, sowohl nominell als auch vom Niveau des Dargebotenen her. Eigentlich dürfte man hier also nur sehr wenig Bundesliga erkennen, die Erfahrung dieser Zeit fehlt mir schlicht und ergreifend.

Vielleicht liegt die Antwort darauf ja wirklich im 6:1-Sieg gegen Bayern München. Wenn viele Leute dreist lügen und behaupten, sie hätten mit eigenen Augen im Stadion gesehen, wie Roland Stegmayers Fallrückzieher Sepp Maier überwand, obwohl sie erst nach 1977 geboren wurden oder 1977 den FCS noch nicht einmal kannten, so ist das ledeglich der Ausdruck des Wunsches, mal wieder glanzvollere Namen als Betzdorf, Waldalgesheim oder Elversberg serviert zu bekommen. Der Ruhm als vergangener Tage als Kitt, der den Verein zusammenhält, sodass er immer neue Anhänger mit offenen Armen empfangen kann. Oder wir sind wirklich alle größenwahnsinnig.

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